Andreas Hügerich, Sven Eisele, Dr. Arnt-Uwe Schille und Markus Püls im Gespräch
Bürgermeister Andreas Hügerich, Fraktionsvorsitzender Arnt Schille, Ortsvereinsvorsitzender Markus Püls und Stadtrat Sven Eisele lassen die vergangenen zehn Jahre der SPD Revue passieren. Zum 90. Geburtstag im Jahr 2008 hat der SPD-Ortsverein Lichtenfels erstmal die Bürgermeisterwahl verloren.
Sven Eisele: Fred Bogdahn sollte sechs Jahre nach seiner Niederlage gegen Bianca Fischer wieder Bürgermeister werden. Doch daraus wurde nichts. In der Stichwahl hat er dann doch relativ deutlich verloren. Gewinner war – wie fast immer – die CSU. Für mich war das Anlass, dass ich nach der Wahl in die SPD eingetreten bin.
Arnt Schille: Wegen der Niederlage?
Sven Eisele: Ich habe gesehen, dass immer die gleichen Leute alles machen. Und ich habe erkannt, dass das nicht an denen liegt, die sich einsetzen – sondern an denen, die die gleiche Gesinnung haben und sich nicht einsetzen. Also solche Typen, wie ich einer war. Das hat mir den Ruck gegeben. Ich habe da gemerkt, dass ich und auch viele andere gebraucht werden. Ich erinnere mich noch genau an die Wahlparty. Wir hätten heulen müssen. Die Bürgermeisterwahl hatten wir verloren, einen Stadtratssitz verloren, die CSU hatte die absolute Mehrheit.
Andreas Hügerich: Und trotzdem war Zuversicht da. Wir haben am Tag nach der Wahl begonnen uns auf die nächste Wahl 2014 vorzubereiten. Für mich war das eine aufwühlende Zeit. Ich war neu in den Kreistag gewählt worden, gerade mal 24 Jahre alt – und ich habe diesen Aufbruch gelebt und genossen. Markus Püls war damals schon mit dabei, Günter Reinlein, auch Ralf Schneider und natürlich du, Sven.
Sven Eisele: Ich weiß noch genau, wie wir unmittelbar nach der Wahl die Idee mit den Bürgerstammtischen hatten – und gleich angefangen haben, sie auch umzusetzen. Das ist ja das A und O. Ideen kann ich viele haben, man muss sie auch verwirklichen. Andreas Hügerich: Was wir heute zum Beispiel mit den Wanderwegen rund um Lichtenfels haben, die Tipps und das Buch von Günter Reinlein, diese Idee ist auf einem Bürgerstammtisch entstanden.
Markus Püls: Und es gibt den Bürgerstammtisch heute noch, nach zehn Jahren, immer jeden dritten Donnerstag im Monat. Ich habe dort viel über die SPD gelernt. Ohne diesen Austausch und das Miteinander, das da entstanden ist, wäre ich – glaube ich – nicht da wo ich heute bin, nämlich bereit, auch Verantwortung zu übernehmen. So etwas muss wachsen.
Arnt Schille: Stimmt. Bei mir war das genau so. Mich hat Sven Jahre später am Flussbad angesprochen. Wir haben über ein paar Ideen geredet...
Sven Eisele: … und ich habe dir gesagt, dass du sie halt umsetzen sollst...
Arnt Schille: … Genau. Und ab diesem Zeitpunkt war ich dabei. Zunächst parteilos, aber dabei...
Markus Püls: Andreas ist da für mich immer ein Vorbild gewesen. Der hat uns mit seinem grenzenlosen Optimismus gezogen. Ich weiß noch, wie er ein Jahr nach der verlorenen Wahl Kreisvorsitzender der SPD wurde. Das ist schon eine Mega-Karriere...
Andreas Hügerich: … Moment. Das haben wir schon gemeinsam gemacht. Hätten nicht so viele Genossen an die SPD und unseren Landkreis Lichtenfels, an unsere Kreisstadt geglaubt, dann hätte ich da stehen können – und es wäre nichts passiert. Alleine kannst du nichts erreichen, nur zusammen. Das haben wir in der SPD so gemacht – und auf diese Strategie setze ich seit 2014 auch im Stadtrat.
Sven Eisele: Ja, da hat sich eine ganz starke Dynamik entwickelt, immer auf die Stadt Lichtenfels bezogen – die anderen Wahlen haben wir ja allesamt krachend verloren. Bundestag, Landtag. Alles katastrophal.
Markus Püls: Wir haben uns nicht unterkriegen lassen – und vor allem nicht in diesen Strudel mit hinein ziehen lassen. Das ist das Entscheidende. Wir setzen auf das, was wir können und wo wir uns auskennen: auf Lichtenfels. Hier können wir unsere Grundsätze Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität lokal leben, zeigen und dafür werben. Ich kann mich noch gut erinnern, wie wir unsere Zeitschrift „Lichtenfels.Kreativ“ entwickelt haben, die es jetzt auch schon sieben Jahre gibt. Das sollte eine Zeitschrift für alle Bürger in Lichtenfels werden, kein Parteiorgan – so wie wir nicht das Parteiprogramm von oben nach unten verteilen wollen. Was wir wollen, ist hier an der Basis Ideen entwickeln, Standpunkte erarbeiten – und die dann nach oben tragen. Und nicht umgekehrt.
Sven Eisele: Dafür zählt für mich auch, die Posten in jüngere Hände zu legen. Ich wurde 2010, als Nachfolger von Monika Faber zum Ortsvereinsvorsitzenden gewählt. Klar könnte ich das jetzt bis zur Rente machen. Nach der 2014er Wahl haben wir Ralf Schneider gewählt, jetzt ist es Markus. So, finde ich, muss das sein. So haben wir es auch erlebt, als wir abgestimmt haben, wer für uns 2014 zur Wahl des Bürgermeisters antreten soll: Günter Reinlein oder Andreas Hügerich. Das Ergebnis ist bekannt.
Markus Püls: Eine Partei lebt aber auch von den Erfahrenen, langjährigen Mitgliedern. Was würden wir ohne einen Peter Dietz, der wie auch Heinz Gärtner seit über 50 Jahren in der SPD ist, oder ohne eine Monika Faber tun? Ich möchte das gesamte Spektrum unserer Genossen vertreten – ehrlich gesagt ist das eine größere Aufgabe, als ich mir das am Anfang vorgestellt habe. Mit Überraschungen in der SPD umzugehen, habe ich gelernt. Am liebsten natürlich solche wie am Wahlabend 2014. Da durfte ich im Irish Pub moderieren. Wie die ersten Ergebnisse an die Wand projeziert wurden, dachten viele an einen Fehler. Da lag Andi schon bei 60 Prozent. Und das bei drei Mitbewerbern. Wir hatten gehofft, wenigstens die Stichwahl zu erreichen – und dann auf Anhieb fast zwei Drittel der Stimmen. Es war unglaublich.
Andreas Hügerich: Das kann ich nur betätigen. Mein Wahlsieg 2014 war in der Höhe auch für mich überraschend. Und natürlich war da eine riesige Euphorie, die ich dann auch mit ins Amt genommen habe. Einige Sachen sind ganz leicht gegangen, andere brauchen länger. Das jahrelange Gezanke um die Bahnhofs- toilette hatten wir jedenfalls ziemlich schnell vom Tisch.
Arnt Schille: Das war ja echt eine Lachnummer. Ich bin ja neu in den Stadtrat gekommen – wusste also nur aus der Zeitung wie es vorher dort abging. Ich habe mich sofort wohl gefühlt – wir haben gemeinsam über alle Fraktionen hinweg die Stadt nach vorne gebracht. Dass ich jetzt Fraktionsvorsitzender bin, war ja so auch nicht geplant. Als im Februar 2016 völlig überraschend Fred Bogdahn starb, hat sich das in der Folge so ergeben. Im übrigen auch, dass ich endlich in die SPD eingetreten bin.
Andreas Hügerich: Ich hätte mir gewünscht, dass Fred die Ergebnisse unserer Arbeit auch noch hätte erleben dürfen. Er war vor mir Kreisvorsitzender, er war vor mir Bürgermeister, er hat ganz viele Samen in die Erde gesteckt, die wir wieder gießen mussten – von denen aber viele aufgegangen sind. Wir konnten nur in einer halben Wahlperiode Gewerbe- und Wohngebiete schaffen, wir haben ganz viel für Kinder und Familien auf den Weg gebracht. Für alle, die nach Lichtenfels kommen sichtbar ist diese Entwicklung mit dem 3-D-Campus, den Concept Laser in Seubelsdorf an der Autobahn baut. Ein Unternehmen investiert hier weit über 100 Millionen Euro, in der Stadt, in der ich Bürgermeister sein darf. Das zieht vieles nach sich, was ebenso wichtig, aber weniger sichtbar ist. Spielplätze und Baugebiete wie in Reundorf kann man noch sehen, andere Investitionen wie die Kanalisierung in Lahm oder Mönchkröttendorf sind für die Bewohner während der Bauzeit unangenehm – und danach sieht niemand was. Auch das gehört zu dem gesamten Paket dazu: Wir wollen Lichtenfels lebendig machen, die Menschen sollen sich hier wohlfühlen, gerne hier wohnen und auch Arbeit finden. Dazu brauchen wir die großen wie kleinen Betriebe, die sich zum Beispiel auch in der Schney künftig weiterentwickeln können.
Arnt Schille: Da merkt man eben gleich, wer Marathonläufer ist. Dem Andreas geht die Puste scheinbar nie aus.
Sven Eisele: Du läufst doch selber, sonst hättest du den Landratswahlkampf 2017 kaum so gut durchgestanden. Da haben wir mit dir eine gute Figur gemacht, wie ich finde.
Markus Püls: Allerdings. Die SPD braucht eigene Kandidaten, um zu zeigen, was wir wollen und was wir können. Dazu hat auch das Programm von Arnt hervorragend gepasst: Wünschen. Wollen. Wagen. In der Partei nehme ich wahr, dass wir darin immer besser werden: Wünsche äußern und sammeln, zum Beispiel auf den Bürgerstammtischen, einen Willen entwickeln, daraus Projekte zu entwickeln und zu wagen, sie auch umzusetzen. Manchmal ist es nicht erheblich, gescheitert zu sein, sondern es probiert zu haben.
– Autor: Tim Birkner –